Böhmermann wollte nicht beleidigen, hat nicht beleidigt und wird auch nie beleidigen

Da ist sie raus, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Strafbarkeit Böhmermanns wegen seines sog. „Schmähgedichtes“. Das Verfahren wurde nach § 170 II StPO eingestellt. Das bedeutet soviel wie: Freispruch. Und das auf der ganzen Linie. Das in einfachen Worten zu umschreiben ist nicht leicht.

Vielleicht so: Die Staatsanwaltschaft hält es für sehr fraglich, ob es sich um eine Beleidigung gehandelt hat. Selbst wenn es eine gewesen sein sollte, fehle es an einem Vorsatz des J.B., diese verwirklicht zu haben.

Entscheidend sei unter anderem der Zusammenhang, in dem das Gedicht vorgetragen wurde. Schön formuliert heißt das so:

Entstehungsgeschichte, aktuelle zeitgeschichtliche Einbindung und die konkrete über das bloße Vortragen des so genannten „Schmähgedichts“ hinausgehende Gestaltung des Beitrages ziehen in Anwendung dieser verfassungsrechtlichen Prinzipien die Verwirklichung des objektiven Straftatbestandes in Zweifel.

Mit „verfassungsrechtlichen Prinzipien“ war die Kunstfreiheit gemeint.

Letztlich aber egal, denn jedenfalls habe kein Vorsatz vorgelegen. Auch dazu lassen wir die Staatsanwaltschaft im Original sprechen:

Der Beschuldigte hat sich dahingehend eingelassen, es sei ihm an einer derart übertriebenen und von der konkreten Person abgelösten Darstellung gelegen gewesen, dass die fehlende Ernstlichkeit und das Fehlen eines ernst gemeinten Bezuges zur persönlichen Ehre der Person jedem Hörer unmittelbar erkennbar sein sollten und sofort klar werde, dass es sich um einen Witz oder Unsinn handele.

Diese Einlassung wird durch die objektiv feststellbaren Umstände, nämlich den Inhalt des Stückes, seine Entstehung und die Art der Darbietung gestützt. Maßgebend insoweit ist, wie ein verständiger Dritter unter Beachtung der Begleitumstände und des Gesamtzusammenhangs die Äußerungen versteht. Insoweit ist bereits zu berücksichtigen, dass der Beitrag Bestandteil einer bekanntermaßen satirischen Fernsehsendung war und ein durchschnittlich informiertes verständiges Publikum mithin davon ausgehen dürfte, dass dort getätigte Äußerungen vielfach mit Übersteigerungen und Überspitzungen einhergehen und ihnen die Ernstlichkeit häufig fehlt. Von einem solchen Empfängerhorizont dürfte auch der Beschuldigte ausgegangen sein; zumal er den Charakter der Sendung im Rahmen des Beitrages durch die wiederholte Bezeichnung des Formats als „Quatsch-Sendung“ hervorhob.

Bereits dies lässt eine ernst gemeinte Herabwürdigung als nicht naheliegend erscheinen. Ferner findet sich in dem Text des so genannten „Schmähgedichts“ selbst eine geradezu absurde Anhäufung vollkommen übertriebener, abwegig anmutender Zuschreibungen negativ bewerteter Eigenschaften und Verhaltensweisen, denen jeder Bezug zu tatsächlichen Gegebenheiten – offensichtlich beabsichtigt – fehlt. Mit Blick auf die somit bewusst vorgenommenen, in der Tat „unsinnig“ und absurd wirkenden Übertreibungen wird mangels entgegenstehender Erkenntnisquellen nicht zu belegen sein, dass der Beschuldigte einen ernstlichen Angriff auf den personalen oder sozialen Achtungs- und Geltungsanspruch des türkischen Staatspräsidenten billigend in Kauf nahm.

Und damit Feuer frei für Facebook-Kommentatoren, Satiresendungen, Medienrechtlern und Massenmedien.