Unentschieden in Unterzahl

…ein Fortsetzungsroman in zwei Teilen.

zu Teil I – „Einer Vorladung kam der Fuchs nicht nach“

ESO 3.0.
Das ESO 3.0 in seiner natürlichen Umgebung

 

Ansatzpunkte für Krawall eine konfliktreiche Verteidigung gab es genug. Neben der Identität war auch der Zeitpunkt der Vorladungen, die die Verjährung unterbrechen könnten, fraglich.

Zudem enthielten die Einladungen der Polizei keine Rechtsmittelbelehrungen. Das ist für das Einladen von Beschuldigten aber vorgeschrieben. Wollte die Polizei etwa nur als Zeugen laden? Dann hätten die Einladungsschreiben aber die Verjährung nicht unterbrochen und der ADAC hätte Recht gehabt, irgendwie.

Schließlich erfolgte die Messung mit dem in unserer Region als Marktführer verbreiteten ESO 3.0. Das ist ein tolles Gerät. Der Hersteller verrät niemandem, wie sich der Messwert bildet und auch die elektronischen Dateien des Messvorganges können mangels vorhandener Verschlüsselung jederzeit unbemerkt geändert werden. Einige Gerichte haben das Messgerät deshalb kassiert. Andere rollen mit den Augen, berufen sich auf die Betriebserlaubnis der PTB und winken durch, bzw. ab.

Das Spiel konnte also losgehen. Doch wo war Fuchs? Im Stau, auf Schalke oder doch noch zuhause? Er hatte den Termin schlicht vergessen. Das war aber nicht nur schlicht, sondern auch schlecht, weil ohne den Betroffenen der Einspruch einfach verworfen wird.

Es sei denn, der Betroffene wurde vom Gericht für die Verhandlung freigestellt. Die Chance dazu besteht aber nur dann, wenn man den Betroffenen als Fahrer outet. Dann nämlich ist es dem Richter egal, wie der Fuchs aussieht und ob er auf dem Rückspiegelfoto zu erkennen ist. Eine Verteidigungslinie (Fahreridentität) geht dann zwar flöten aber anders war ein Spielabbruch nicht zu vermeiden. Dazu brauchte es natürlich einen Antrag. „Dann muss ich wohl einen Befreiungsantrag stellen“, sagte der beste Verteidiger aller Zeiten.

„Ja“, so der Richter. Das ginge auch noch mündlich in der Hauptverhandlung, was allerdings viele Verteidiger nicht wüssten. Bestürzt und gebauchpinselt zugleich deutete der Verteidiger an: „Dann werde ich wohl die Fahrereigenschaft zugestehen müssen.“

„Wirklich? Das ist doch alles, was Sie haben…da prangt ja ein Rückspiegel…“, so der Herr Vorsitzende.

„Naja. Nicht ganz.“ Es folgte ein kurzes Fachgespräch über Verjährungsunterbrechung, Anordnen von Beschuldigtenanhörungen und die Verwertbarkeit von Messungen des ESO 3.0-Gerätes (mit augenrollendem Richter).

Schließlich ließ sich das Gericht nach einer kleinen Diskussion und einem kurzen Ausflug in die Gerichtsbibliothek davon überzeugen, dass man die Polizistin zum Thema Verjährung hören müsse. Neuer Termin ist vermutlich im Februar und nach einem Dezernatswechsel. Ein neuer Richter also. Mal schauen, ob das ein ESO-Augenroller ist.